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Sehschule und Orthoptik – Worum geht es?

Unter dem Begriff „Sehschule“ können sich die wenigsten Menschen etwas vorstellen.
Es ist eine Spezialabteilung einer Augenarztpraxis oder Augenklinik zur Untersuchung und Behandlung des Sehvermögens und aller Schielstellungen vom Säugling bis zum Erwachsenen. Da sich das Sehvermögen der Augen nur in den ersten Lebensjahren entwickelt, empfehlen wir in enger Zusammenarbeit mit den Kinderärzten, eine augenärztliche und orthoptische Untersuchung ab dem 2. Lebensjahr, selbst wenn kein Schielen erkennbar ist.

Wie entsteht „Schielen“ bei Kindern und Erwachsenen?

Schielen hat viele mögliche Ursachen. Zurzeit wissen wir noch zu wenig von den komplizierten Hirnvorgängen beim beidäugigen Sehen und der Verarbeitung entsprechender Sinneseindrücke. Wir unterscheiden zwischen zeitweiligem und ständigem Schielen.

Bei einem minimalen Winkel sprechen wir vom Mikrostrabismus, der reduziertes Binokularsehen und reduziertes Tiefensehen verursacht.

Ein größerer Schielwinkel wird manchmal mit einem Prisma ausgeglichen, aber nur dann, wenn tatsächlich beidäugiges Sehen zu erwarten ist. Bei größeren Schielwinkeln ist eine Augenmuskeloperation aus kosmetischen und funktionellen Gründen zu empfehlen.

Die anfänglichen Symptome sind schlechteres Sehvermögen, verschwommen Sehen, die Wahrnehmung von Doppelbildern, Kopfschmerzen, eine Kopfzwangshaltung und das Zukneifen eines Auges.

Folgende Ursachen können z.B. für das Schielen zu Grunde liegen:

  • Vererbung
  • Schwangerschaftseinflüsse, Geburtstrauma und Behandlung nach Frühgeburten
    Fehlsichtigkeiten, insbesondere die Weitsichtigkeit (Hyperopie) und ganz besonders, wenn eine große Fehlsichtigkeitsdifferenz (Anisometropie) beider Augen vorliegt
  • Augenmuskelstörungen, -lähmungen oder Fehlinervationen durch Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, Schlaganfall, einseitige Linsentrübungen (Katarakt) 

Was wird beim Schielen untersucht?

Üblicherweise wird zunächst immer eine vollständige Untersuchung beider Augen durchgeführt mit Sehschärfenprüfung, Untersuchung der vorderen Abschnitte des Auges und Spiegelung des Augenhintergrundes.

Spezielle Untersuchungen zur Abklärung des Schielens beim Kind und Erwachsenen:

  • die Augenstellung, insbesondere die Messung des Schielwinkels
  • die Beweglichkeit der Augen
  • die beidäugige Zusammenarbeit und das räumliche Sehen
  • die Messung der Brechkraft des Auges bei weiter Pupille

Wie wird das „Schielen“ behandelt?

Meistens ist eine Fehlsichtigkeit – am häufigsten eine Weitsichtigkeit – Ursache des Schielens. Deshalb muss die richtige Brille verordnet werden, die konsequent getragen werden muss, auch wenn ohne Brille subjektiv genauso gut gesehen wird wie mit Brille.

Bei der objektiven Refraktion wird bei weitgestellter Pupille – die Linse wird dadurch in einen Ruhezustand gesetzt – der Brechungsfehler beider Augen festgestellt, der je nach Ausmaß mit einer Brille auskorrigiert werden muss.

Sofern ein unterschiedliches Sehvermögen beider Augen besteht, muss eine Okklusionsbehandlung begonnen werden. Durch Verkleben mit einem Augenpflaster des besseren Auges wird das schwächere zum Sehen gezwungen und verbessert in den meisten Fällen sein Sehvermögen nach und nach. Die Okklusion erfolgt in so einem Rhythmus, dass das bessere Auge keinen Schaden nimmt. Es ist die wirksamste Methode, erfordert allerdings von allen beteiligten Personen viel Geduld und Durchhaltevermögen.

Selbst wenn Kinder diese Therapie nicht akzeptieren wollen, sollten den Eltern die Verantwortung bewusst sein, welche große Chance und Notwendigkeit in der Behandlung liegt, um später keine Vorwürfe der Heranwachsenden zu hören, wenn es z.B. um die evtl. eingeschränkte Berufswahl geht, nur weil sich die Eltern gegenüber ihrem Kind nicht durchsetzen konnten.

Merke!!!

Schielen bei einem Kind ist kein Schönheitsfehler, sondern eine Augenerkrankung mit möglicherweise dauerhaften und schwerwiegenden Störungen des Sehvermögens und des beidäugigen Sehens.

Verlust von Sehschärfe und beidäugigem räumlichen Sehen entstehen im frühen Kindesalter und können nur in dieser Lebensphase erfolgreich behandelt werden.

Schielen verwächst sich nicht, insofern sollte jedes Kind sobald wie möglich zur Untersuchung in die Augenarztpraxis mit angeschlossener Sehschule kommen, wenn der Verdacht auf Schielen besteht, Schielen auffällt, Schielen und Refraktionsanomalien (Fehlsichtigkeiten) in der Familie vorkommen. Vorsorglich sollte ab dem 2. Lebensjahr ein orthoptischer Status erhoben werden.

Üblicherweise dauert die Behandlung eines schielenden Kindes bis zur Einschulung. Darüber hinaus müssen jedoch weiter regelmäßige Kontrollen (alle 6 – 12 Monate) stattfinden. Stets gilt, je früher der Behandlungsbeginn, desto einfacher und sicherer gelangt man zum Ziel.

Selbst wenn nicht immer eine vollständige Heilung möglich ist, wird durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kind und kompetentem Praxisteam ein bestmögliches Ergebnis erzielt.

Bei Kindern mit einer Lese-Rechtschreibschwäche muss unbedingt eine umfassende augenärztliche Kontrolle frühzeitig erfolgen, damit ausgeschlossen werden kann, das die vorhandene Problematik durch einen nicht auskorrigierten Augenfehler mit verursacht wird.

Ich werde häufig mit dem Begriff der Winkelfehlsichtigkeit konfrontiert. Dieser Begriff existiert in der Augenheilkunde nicht. Er wird häufig dazu benutzt, Eltern zu verunsichern. Die beste Möglichkeit dem entgegenzuwirken, besteht darin, eine komplette Augenuntersuchung beim Augenarzt durchführen zu lassen.